Am vierten Tag ging es mit dem Bus zu den Ming-Gräber. Im Bus waren wir die Attraktion,
die einzigen Ausländer. Die Gräber von dreizehn Ming-Kaisern (Ming
Shisan Ling) wurden am Fuß einer Bergkette 44 km nördlich der Stadt in den
Jahren 1409 bis 1644 angelegt. Die Entfernung zwischen den einzelnen Gräbern
beträgt mindestens 250 m und höchstens 4 km. Auch Haupt- und Nebenfrauen wurden hier in
den marmornen Grüften beigesetzt. Genaugenommen handelt es sich um Grabtempel.
Ihr Grundriss ähnelt der Form eines Schlüssellochs. Zum nördlich verlaufenden
Höhenzug hin erhebt sich jeweils der kreisrunde, mit einer Mauer eingefasste,
baumbestandene Grabhügel. Davor liegt das eigentliche, längliche Tempelareal,
das etwas schmaler als der zugehörige Grabhügel und an den übrigen drei
Seiten rechtwinklig ummauert ist. Wo die Mittelachse des Tempelareals auf den
Hügel trifft, ragt ein gewaltiger steinerner Stelenpavillon auf, der die
Grabinschrift des jeweiligen Kaisers birgt. Die Gräber Dingling und Chanling
sind für Besucher hergerichtet. Mit Imbissständen, Schießbuden und
Andenkentrödlern gleicht besonders das Dingling einen Rummelplatz. Diese
Ruhestätte des 1573 verstorbenen Wanli-Kaisers wurde als einzige geöffnet.
Alle Gräber verfügten einst über große Opferhallen. Einzig im Chanling, dem
größten und ältesten der Gräber, blieb die Halle erhalten. Sie ist ein
eindrucksvoller Bau mit 32 Säulen aus kostbarem Nanmu-Holz und birgt eine Ausstellung
von Grabbeigaben. Die vier größten Säulen haben einen Durchmesser von 1,17 m.
Zwei Personen sind nicht imstande, sie zu umfassen. Früher waren die vier
Säulen noch mit goldfarbenen Lotosblumen bemalt. Jede Säule besteht aus einem
einzigen Nanmu-Stamm. Die Stämme wurden aus Südwestchina hierher
transportiert, was fünf bis sechs Jahre in Anspruch nahm. Ein gänzlich anderes
Bild bieten die übrigen elf Grabtempel. Sie sind Oasen der Ruhe, ideal für ein
Picknick.